Zur Petition: Sichere Geh- und Fahrradwege für Neuburg!

https://www.openpetition.de/petition/online/sichere-geh-und-fahrradwege-fuer-neuburg-2#petition-main

Ich finde es stark, dass sich der Frage nach Mobilität und Sicherheit in Neuburg so viele Menschen annehmen und hier um Unterstützung ringen.

Zur Petition: Ja, es sind gute Punkte, denn Sicherheit ist bedeutsam, ja, die Kreuzung an der Ingolstädter Straße/ Monheimer Straße ist ein Problem, ja, es ist eine gute Idee das Thema Fahrradmobilität auch in der Verwaltung in den Fokus zu rücken. Ein „Fahrradbeauftragter“ könnte hierfür eine Lösung sein. Ja, Verkehrsberuhigung im innerstädtischen Bereich ist der richtige Schritt und ja, Experten anzuhören und zu prüfen, ob wir von ihnen Ideen übernehmen können, wie die von Professor Monheim, ist top. Man sollte immer von den besten lernen!

Wenn ich die Forderung der Petition durchlese, stelle ich mir die Frage: „In welchem Neuburg wollen wir in 20 Jahren leben?“ Erst muss ich diese Frage beantworten, sonst wirken die Forderungen der Petition haltlos und einzeln herausgegriffen, nach Hilfe schreiend und nicht aus einem Guss.

Die Initiatoren haben viel Zeit und Kraft in die Petition gesteckt, davor habe ich große Achtung. Ich weiß gut, wieviel ehrenamtliche Arbeit dahintersteckt. Ich verstehe auch, dass es nicht der Anspruch war, ein gesamtes Konzept zu präsentieren.  Aber wie viel besser wäre es, wenn Neuburg sich aus verschiedenen Verkehrs- und Entwicklungskonzepten auswählen könnte, in welchem wir leben wollen?

Die Forderung wirken wie die ersten Schritte zur Veränderung des Stadtbildes. Für mich sind es gute Ideen, um sich als Stadt zu transformieren, auch wenn es im Kern nur um die Mobilitätsfrage „Fahrrad“ mit dem Schwerpunkt Sicherheit geht. Das fühlt sich an wie das Ziel der Wandlung Neuburgs in ein jüngeres, sichereres, studentischeres, weniger Auto-belastetes, mehr am Nachtleben orientierteres und belebteres Neuburg.

Ist das Fahrrad jedoch Thema, würde ich mit anderen Punkten beginnen. Da ich immer mit dem Rad zur Arbeit und in die Stadt fahre, sehe ich hier andere Schwerpunkte. Wie sehen das andere „Berufs“- Radfahrer wie ich? Wir sollte deutlich zwischen den Sommer-Freizeitradlern und „Berufs“-Radfahrern und ihren Ansprüchen unterscheiden. Als Beispiel nehme ich das Parken von Rädern. Da fängt Radfahren an.

Wo stehen diesen Räder? Und wo kann man diese abstellen? Das ist die erste Frage, finde ich. Sind wir als Stadt denn überhaupt attraktiv, um mit dem Rad zu fahren? Fangen wir zuhause an. Verlangen wir als Stadt bei Neubauten genügend verpflichtende Fahrradstellplätze, müssen die auch überdacht sein? Nein, hier tun wir zu wenig, finde ich. Erst wenn ich daheim mein Rad bequem unterstellen kann, kaufe ich mir doch überhaupt ein Rad. Wenn man mit dem Rad am Ziel ankommt, sollten dort moderne Abstellmöglichkeiten sein, damit das Rad trocken ist, wenn man aufsteigt. Für diese Veränderung brauchen wir stadtweit Flächen auf Kosten von anderer Nutzung, wie Autostellplätze und Plätze mit anderer Verwendung. Damit schaffen wir den ersten Schritt, um die Infrastruktur aufzubauen. Was passiert dann mit den Autos, wenn ich z.B. jeden 4. Autostellplatz in einen überdachten Radstellplatz umwandle? Ist uns das egal, werden in 30 Jahren weniger Autos im Winter fahren, nur weil diese elektrisch sind? Ich glaube nur bedingt, daher braucht es auch eine Gesamtplanung für den PKW-Parkraum, um die Radstellplätze neu überdenken zu können und einen fairen Wettbewerb der Mobilität entstehen zu lassen.

Erzeugen wir in vielen Bereichen Attraktivität fürs Rad, mit Regelung bei Bauauflagen und Umgestaltung aller städtischen Parksituationen, mit beleuchtenden Strecken in alle Ortsteile, mit regelmäßig überdachten Segmenten zum Wetterschutz, mit einem guten, immer wieder ausgebesserten und erweiterten Radwegenetz, mit neu gedachter Verkehrsführung, dann sind Fragen nach der 30 km/h Beschränkung aus der Petition doch nur noch Makulatur.

Nun würden die Räder fahren und es regelt sich viel von selbst, weil erst dann der Bedarf da ist. Bisher gibt es diesen nicht oder fahren jetzt im Winter gerade alle mit dem Rad in die Stadt? Das wäre aber möglich, wenn wir es wollten. Wenn ich diese Punkte aufliste, stelle ich für mich fest, Radfahren als ernstzunehmenden Mobilität zu nutzen, kostet dauerhaft Geld. Ja, für mich persönlich ist das Rad als Verkehrsmittel völlig okay und notwendig, aber ja es gibt viele Punkte, die verbesserungswürdig wären.

Die Petition spricht in der Hauptsache Punkte an, die erstmal grundlegend wenig Geld kosten, die wirklichen Baustellen der Mobilitätsfrage nicht angehen, erst einmal in Planung durch einen Fahrradbeauftragten gehen sollten und somit die Expertise von Professor Monheim vertagen könnten. Daher zurück zu meiner Frage: „In welchem Neuburg wollen wir in 20 Jahren leben?“ Wenn die Antwort im Schwerpunkt heißt: „In einer anderen Mobilität“, dann brauchen wir im ersten Schritt keinen Professor Monheim, sondern erstmal ein Votum des Stadtrates, Geld für diese Mobilität aufzubringen.

Ein kleines Beispiel der Realität im Stadtrat: Ich habe mich sehr für neue überdachte Fahrradstellplätze am Hallenbad stark gemacht, diese wurden an der Stelle jetzt nicht errichtet, dort stehen PKWs. Warum? Weil das alle so wollten und geschickt das Thema umgangen wurde.

Ja, die Petition zeigt, Mobilität und gerade der Schwerpunkt Sicherheit treibt die Menschen um. Das lese ich deutlich aus den Kommentaren der Petition heraus. Wenn wir darauf eingehen und für mehr Sicherheit sorgen wollen, brauchen wir dringend ein Gesamtkonzept, um uns nicht in Einzellösungen treiben zu lassen.

Meine Antwort auf die Petition wäre kein einfaches ja zu den Punkten, sondern ein Antrag, der unmissverständlich klärt, ob der Neuburger Stadtrat bereit ist, eine neue Mobilität zu denken. Dann ist auch klar, ob das Thema Schwerpunkt im Stadtrat der nächsten Jahre werden kann. Alle Themen können es nicht werden, die Geldmittel sind leider begrenzt. Geld muss an anderer Stelle reduziert werden, um es hierfür zu investieren. An welcher Stelle sollte man einen in den kommenden Jahren voraussichtlich schmelzenden Haushalt reduzieren?

Der Antrag könnte sein:

Hiermit beantrage ich, dass der Stadtrat ab 2022 jährlich unbefristet 1.000.000 € an Mitteln für die Entwicklung der Fahrradmobilität zur Verfügung stellt. Diese Mittel werden aus folgenden Haushalten entnommen …. / und für Personal und infrastrukturelle bauliche Änderung verwendet. In Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister, dem Verkehrsausschuss, dem Verkehrsreferenten und der Verwaltung wird in 2021 ein Gesamtverkehrskonzept erstellt, mit dem Schwerpunkt „Fahrradmobilität“. Aus diesem Konzept soll hervorgehen, wie die Verwendung der Mittel aussehen kann, kurzfristig 2022, mittelfristig 2023 bis 2025 und langfristig ab 2026.  Es soll auch hervorgehen, welche Änderungen an Begrenzungen und weiterem der Stadtrat begleitend beschließen sollte.

(Wenn die drei … plausibel gefüllt werden, um die Summe gegenzufinanzieren, stelle ich den Antrag gerne.)

Als Anmerkung an die Initiatoren: Für mich als Freien Wähler leidet die Petition unter der personellen Vermischung von FFF und den Grünen. Sauberer wäre es gewesen, wenn die Grünen einfach mit auf dem Papier stehen würden. Das fände ich gut und ehrlicher. Dann könnten diese auch einfach Anträge zu den geforderten Punkten bringen und es gäbe schnellere Ergebnisse.

Zum Ende nochmal provokant: Ob wir Neuburger bereit wären, eine Veränderung anzuschieben, könnten wir schnell ermitteln. Ein Crowdfunding PRO Mobilitätsbeauftragten, damit die Stadt diese Entwicklung nicht so einfach ablehnen kann, würde zeigen, ob die Menschen wirklich Veränderung wünschen. Ich wäre mit 100 € dabei. Sonst hat Neuburg keinen Stadtrat und besonders keinen Oberbürgermeister gewählt, der Fahrradmobilität auf Platz 1 setzt. Daher wäre das ein Mittel, um einen anderen Druck aufzubauen, als es die Petition möglich macht. Am Ende sagt jeder, dass er Befürworter ist, aber leider fehlen die Mittel.

Fazit: Mich haben viele gebeten mich zum Thema Fahrradmobilität zu äußern. Ich habe mich damit schwergetan, weil ich kein Mensch bin, der einfach schreibt, dass alles super ist. Die Wahrheit ist mehrschichtig und oft eher unbequem.

Es gibt auch Menschen, die können und wollen kein Rad fahren. Es gibt auch echt mieses Wetter und auch dann muss man sich fortbewegen können. Es gibt auch Unternehmer, die Sorgen haben, die wir gemeinsam mitnehmen sollten. Daher sind Teile der geforderten Petition nicht für jeden der richtige Schritt.

Dass die Mobilität unsere Gesellschaft verändern wird, ist für mich klar. Holland, auch Städte in Deutschland wie Oldenburg, sind hier schon weiter. Wir „Autovorstadt-Verlangsamer“ tragen bisher nur im Kleinen zu einer Veränderung bei. Das Fahrrad hat noch nicht den Stellenwert im Verkehr bekommen, den es braucht, damit wir in der Breite die Mobilität umstellen. Diese Umstellung ist für mich nicht nur eine Frage der Sicherheit, auch eine der Umwelt, der Gesundheit und des Miteinanders.

Wir werden auch umstellen, die Frage ist nur wann? Der kommende Hochschulstandort ist eine Chance, unsere Wege neu zu überdenken und bei der Entscheidung „in welchem Neuburg will ich in 20 Jahren leben?“ mit einer klaren Antwort rauszugehen:

In einem lebenswerten Neuburg, in dem wir alle mitnehmen und auf Sicherheit und Lebensqualität mehr Wert legen. In einem Neuburg, in dem die Frage nach Mobilität eine Frage ist, die wir uns jeden Tag stellen können, weil wir Netze haben, die uns die Wahl lassen. Netze, in denen der Fußweg, der Radweg, die Bahn, der Bus und der Weg mit dem Gemeinschaftsauto oder dem eigenen PKW attraktiv, schnell und sicher sind. Weil wir damit mehr Arbeitsplätze am Ort schaffen und damit die Wege zur Arbeit kurz sind und unser Geld im lokalen Kreislauf bleibt. Damit haben wir auch mehr Mittel zur Verfügung, unsere Netzte zu verbessern und zu erhalten. Als resiliente Stadt und Hochschulstandort in die Zukunft zu gehen, ein Ort der Bildung und Entwicklung zu werden, in dem die Bürger und unsere Studenten in einem guten Miteinander Neuburg weiter gestalten, ist das erstrebenswerte Ziel.

Lieben Gruß, Florian Herold