30 Jahre deutsche Einheit

Groß geworden bin ich nahe der Grenze zu der ehemaligen DDR in Göttingen, in der ich als Kind auch oft war. Die Wiedervereinigung ist für mich das Beste, was nach 1945 für Deutschland passierte. Ich bin den vielen Menschen dankbar, die damals auf die Straße gegangen sind und für uns das gemeinsame Deutschland ermöglicht haben.

Die SED hat gravierende Schäden an Menschen, an der Wirtschaft und an der Infrastruktur angerichtet. Es ist gut, dass es die DDR als Staat nicht mehr gibt. Seit 30 Jahren haben wir gemeinsam ca. 2 Billion Euro in die Wiedervereinigung investiert. Von diesen 2000 Milliarden waren es ca. 300 für den Aufbau Ost. Bis heute sind trotzdem die 5 Flächenbundesländer Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen und Sachsen die schwächsten in der deutschen Wirtschaftsleistung. Was dafür spricht, weiterhin Ideen zu entwickeln, um das Gefälle stet zu verringern. Diese Riesen-Summe zeigt auch, Geld klärt nicht alles, wie schwer es ist aufzuholen und, dass es Zeit braucht.

Am Tag der Grenzöffnung standen die Trabis in Göttingen Schlange. Die Supermärkte waren ausverkauft. Beide Seiten fanden das gut, wir waren ein Volk, das hat keiner angezweifelt. Wir waren alle froh und glücklich.

Ein paar Jahre später, ging es los mit den Ossi-Sprüchen. Traurig, dass es sich anfangs so entwickelte. Mittlerweile haben wir zusammengefunden, das ist wunderbar. Die Integration fand gegenseitig statt und das haben wir gut gemacht.

Ansonsten hätte ich heute kaum Kontakt zu meinem Neffen, hätten wir die Grenze noch. Ich könnte heute sonst kaum Umgang mit Teilen meiner Familie pflegen und ich hätte auch nicht meiner ersten Freundin bei unserer Klassenfahrt auf der Mecklenburgischen Seenplatte in die Augen schauen können. Manches ist nicht mit Geld zu bemessen.

Wir sind gut darin, Leute mit einzubinden, das sollten wir auch weiterhin tun, lassen wir dem rechten Rand in unserem Land dabei keine Chance.

In weiteren 30 Jahren wird die Wiedervereinigung mehr Teil der Geschichte als gelebte Kultur sein. In anderen Ländern haben die Umstände bisher nicht zu Frieden und Wiedervereinigung geführt: Nord und Süd-Korea, die neue Spaltung in der Ukraine, der frisch wieder aufgeflammte Konflikt um Bergkarabach und viele Krisenherde mehr.

Für mich gibt es in dieser Frage nur eine sinnvolle Lösung. Wir sehen, wie im Westen in den USA alles entgleist, wir sehen, was sich im Osten entwickelt und wissen es auch Dank eigener Erfahrungen besser, dass Diktaturen nicht funktionieren. Wir brauchen eine starke EU, mit Werten, die wir innerhalb dieser Union viel stärker durchsetzen müssen, mit Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Demokratie.

Eine politisch starke EU, wäre in der Lage, auch ohne ökonomische Interessen, Richtiges zu tun. Aber wir geben der EU nur die Aufgaben, über deren Ergebnis wir uns dann aufregen. Das tun wir, weil unsere Regierungen der Idee der EU nicht wirklich vertrauen. Es ist wie mit dem Aufbau Ost, nur Geld zu investieren löst keine Probleme. Wir sollten Entscheidungen treffen!

In den neuen Bundesländern formiert sich die AFD. Das ist keine gute Entwicklung.

Ich fände es schön, wenn wir eine Städtefreundschaft mit einer Stadt im nah gelegenen Thüringen oder Sachen hätten, was meint Ihr?